Claude Lachat – „Eine neue Hose“ – Kolumne des Baselbieter Schriftstellers


Die HappyTimes-Kolumne des Baselbieter Schriftstellers Claude Lachat.

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Eine neue Hose

Wie das so ist nach den Feiertagen, plötzlich ist viel weniger Hose als Bauch da. Ein Fingerschnippen später quäle ich mich durch Unmengen von Hosen aller Farben, Grössen und Modelle. Ich verliere den Überblick bis Rettung in Form einer netten Dame naht. Eine Hose nach der anderen landet auf meinem Arm. Ich beginne zu schwitzen. Es ist sehr warm hier. Probieren Sie! Ich wandle wie ein rollender Hosenständer zu den Kabinen ganz hinten in der Ecke. Hier ist es noch stickiger. Aha, ein einziger Haken an der Wand. Ich überlege, was ich daran hängen soll. Meine Hose, die neuen Hosen, meine Jacke? 

Ich bücke mich in der Minikabine um meine Schuhe auszuziehen wobei mein Allerwertester durch den Vorhang lugt. Wieso schliessen diese Dinger eigentlich nie richtig? Die ältere Dame draussen schüttelt den Kopf. Ich stolpere zurück in die grosszügige Kabine, wenn ich denn ein Zwerg wäre und reisse beinahe den Spiegel von der Wand. Der ist auch nicht ohne stelle ich fest. Mein Spiegelbild suggeriert mir eine Top Figur. Ok, ich betrachte mich von vorne. Das Ablagebrettlein ist mit Teppich überzogen. Ich meinte, da hätte sich etwas bewegt. In Socken schwitzend nehme ich den Teppichboden unter die Lupe und registriere Haare, die unmöglich von mir sein können. Wie Rumpelstilzchen hüpfe ich auf einem Bein durch den engen Käfig und halte mich am sich komisch anfühlenden Stoffvorhang fest. Wie viele verschwitzte Hände wohl bereits über diesen Stoff gefahren sind? Ich betrachte meine Handflächen und versuche festzustellen, ob sich auch da etwas bewegt. Nur das flackernde Licht wirft Schatten und heizt meiner haarlosen Frisur mächtig ein. 

"Diese Hose steht Ihnen gut, vor allem am Gesäss." Die Verkäuferin nickt zustimmend durch den Schlitz im Vorhang. Hat die jetzt auf meinen Hintern gestarrt? Läuft das schon unter Belästigung? Wie lange hat sie mich schon beobachtet? Mir wird heiss und eng und unwohl und es ist mir nicht recht, dass die freundliche Dame andauernd ihren bemalten Kopf in die Kabine streckt. Ich packe die nächste Hose welche mittlerweile mit den anderen auf den Boden gerutscht ist. Mit zwei Fingern halte ich sie hoch. Diejenige die ich anprobiert hatte, schlottert um meine Knöchel. In Unterhosen und Socken bekleidet wünsche ich mir einen zusätzlichen Haken an der Wand. Wie im Kasperlitheater zwängt sich der Kopf der Dame durch den Vorhang. Kann ich Ihnen helfen? Missmutig beäugt sie das Chaos am Haken und am Boden. Wieso komme ich mir genau jetzt schlecht vor? Habe ich diese Kabine gebaut? Nein! Ihr Blick wandert zu der Hose um meine Beine. Na toll, ein Loch in der Socke!

Mir reicht es. Ich packe den Haufen am Boden und stülpe alles über den Haken. Ein Hosenbein verfängt sich irgendwo und der Haken löst sich vom Wändlein und kracht erst auf das Ablagebrettlein mit dem lebendigen Teppich und dann auf den haarigen Boden. Vor Schreck trete ich zurück und lehne mich an den Spiegel hinter mir. Ich höre jetzt noch das Scheppern der Schrauben. Waren das die vom Spiegel? Noch nie war ich meinem Spiegelbild so nahe. Ich getraue mich auch nicht, etwas daran zu ändern.

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